Wiesel-Kommission ist der gebräuchliche Name für die Internationale Kommission zur Erforschung des Holocaust in Rumänien.

Die Kriegsverbrecherprozesse

Die Prozesse gegen die Verantwortlichen des Antonescu-Regimes fanden im Mai 1946 statt und endeten mit der Hinrichtung von Ion und Mihai Antonescu, zusammen mit zwei ihrer engsten Mitarbeiter sowie mit der Verhängung von lebenslangen bzw. langjährigen Haftstrafen. Im Grunde genommen, war das aber schon Anfang und Ende der größeren Prozesse im Nachkriegsrumänien, die ihren Ursprung in dem Moskauer Waffenstillstandsabkommen vom 12. September 1944 und den daraus resultierenden Verpflichtungen der rumänischen Regierung hatten. Darin verpflichtete sich Rumänien, die Kriegsverbrecher zu verhaften und sie vor Gericht zu stellen sowie nazistische und faschistische Organisationen aufzulösen und deren Wiedererscheinen zu verhindern.

Nach dem Staatsstreich vom August 1944, mit dem Ion Antonescu von der Macht entfernt wurde, begab sich das rumänische politische System auf seinen Weg zur "Demokratie", der - wie sich dann schon bald herausstellte - nur einen Riesenschritt in Richtung des Sowjetsystems und der Machtübernahme durch ein kommunistisches Regime bedeutete. Die erste klare Definition der Kriegsverbrechen erfolgte am 20. Januar 1945. Als Kriegsverbrecher galten demnach diejenigen, die Kriegsgefangene im Widerspruch zu dem internationalen Recht behandelt hatten, Grausamkeiten und Hinrichtungen im Kriegsgebiet befohlen oder durchgeführt hatten, die Errichtung von Ghettos oder Zwangsarbeits- und Konzentrationslagern befohlen oder veranlasst hatten, Deportationen aus rassistischen oder politischen Motiven organisiert hatten und/oder kollektive oder einzelne Unterdrückungs- bzw. Zwangsarbeitsmaßnahmen gegen Personen durchgeführt hatten, mit dem Ziel, diese zu vernichten.

Gleichzeitig mit der Regierungsübernahme durch Groza im März 1945, als Ergebnis der Machtübernahme durch die Kommunisten, nahmen die staatlichen Maßnahmen in Rumänien zu, und damit auch der Rhythmus der Aburteilung der verschiedenen Kriegsverbrecherkategorien. Im Fokus dieser Prozesse standen diejenigen, die für Verbrechen in den von Rumänien besetzten sowjetischen Gebieten verantwortlich zeichneten, was daraus hervorgeht, dass hinter zahlreichen Gerichtsverfahren in einem gewissen Umfang sowjetische Berater standen. Die Verarbeitung der jüdischen Aspekte kann als Abfallprodukt dieser Verfahren gewertet werden.

Im Mai 1946, zu Beginn des Prozesses gegen Antonescu, gab es in Rumänien noch eine demokratische und freie, wenn auch von den Kommunisten stark angegriffene Presse, die jedoch kein besonderes Interesse an den gegen die Juden verübten Verbrechen zeigte. Die Kommunisten und die linke Propaganda konzentrierten ihre Angriffe auf das faschistische Regime, nicht etwa für die Aktionen gegen die Juden, sondern weil die Kollaborateure mit den Faschisten ab 1946 als Gegner der "Demokratisierung" in Rumänien galten. Somit waren im Vorwege der Prozesse die politischen und tagesaktuellen Überlegungen häufig wichtiger als die Aburteilung von Tätern, die Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hatten. Mehr noch, das Bedürfnis des neuen Regimes, einen Teil der - weniger notorischen - Faschisten zu verwenden, wie auch in Ungarn geschehen, erlaubte es den neuen Machthabern, ihre Aufmerksamkeit nur den Spitzen des ehemaligen Regimes zuzuwenden und dadurch einige Verbrecher reinzuwaschen. Obwohl die Beweise - wenn auch zum Teil unvollständig - vorlagen, wie zum Beispiel das Schwarzbuch von Carp, ergoss sich der Hass des gesamten Justizapparates auf die Führer des ehemaligen Regimes, wobei die praktische Umsetzung seiner barbarischen antijüdischen Politik weitgehend außer Acht gelassen wurde.

Die Prozesse gegen vier Gruppen von Angeklagten fanden zwischen dem 14. Mai und dem 14. Juli 1945 statt und schlossen auch diejenigen ein, die die Lager im Gebiet zwischen Dnister und Bug leiteten. Es wurden zahlreiche Beweise hinsichtlich der Greueltaten in den Lagern, dem Pogrom von Iași im Juni 1941 und den Massakern von Odessa im Oktober 1941 vorgelegt. Die dem Gericht vorgelegten Dokumente, aber auch deren Auswahl durch Zensur und Presse, führte dazu, dass das daraus resultierende Gesamtbild offensichtlich nicht umfassend war, denn die Tragödie der Juden erhielt nicht den Stellenwert, der ihr zugestanden hätte.

Die Zusammensetzung des "Volksgerichtshofes" wurde kritisiert und deutete im Vorwege kaum auf ein korrektes Verfahren hin. Die sechs "Volksrichter" hatten in der Tat keinen juristischen Background; dies hätte aber nicht automatisch dazu führen müssen, dass wichtige Fragen, wie die Tragödie der Juden, im Verlauf des Prozesses ausgeblendet wurden. Es war vielmehr das Selbstverständnis dieses Gerichtshofes, der der Anklage den Anschein der Bedeutungslosigkeit gab.

Der große Prozess gegen die Gruppe um Antonescu im Mai 1946 war der 16. Prozess dieser Art. Die vorangegangenen Prozesse, die ab 1945 stattfanden, verliefen in einem Zeitraum, der von einem zunehmenden Machtkampf gekennzeichnet war, hatten aber noch nicht den für Mai 1946 charakteristischen emotionalen Höhepunkt erreicht. Es ist naheliegend, dass das "gesamte Ausmaß des Schreckens ... während des Prozesses nicht vollständig bekannt war", was nicht verwundert, wenn man bedenkt, dass sich dieser Horror erst unmittelbar vorher abgespielt hatte. Selbst wenn der Holocaust kein besonderes Diskussionsthema war, muss dennoch festgehalten werden, dass die rumänische Spielart der Endlösung lediglich bruchstückhaft und nicht etwa als umfassender Prozess ans Tageslicht kam. Deshalb bot der Antonescu-Prozess, der ursprünglich als "Höhepunkt aller Kriegsverbrecherprozesse" in Rumänien angelegt war, letztendlich doch kein allumfassendes Bild; er diente vielmehr dazu, die Schuld einzig und allein dem Regime zuzuweisen, eine Zielstellung, die dann auch tatsächlich erreicht wurde.

Im Verlauf des Antonescu-Prozesses wurden die Einzelheiten der jüdischen Tragödie nur sehr allgemein behandelt. Gleichzeitig mit der Verantwortungsübernahme durch Antonescu für die unter seinem Regime verübten Verbrechen, wurde all denjenigen, die zuvor - freiwillig - zu den Henkern seines Regimes zählten, ermöglicht, problemlos durch die Türen der neu konstituierten Gesellschaft zu schlüpfen. Danach wurde nur noch eine kleine Zahl von Schuldigen verfolgt und vor Gericht gestellt. Ab 1947 diente der Antonescu-Prozess lediglich als Vorwand für Verhaftungen und politische Prozesse, wie beispielsweise in den Fällen von Maniu, Brătianu, Mihalache und anderen. Diese Prozesse hatten mit dem Schicksal der Juden nichts zu tun, sondern folgten politischen Zwängen. Während der politische Druck in den großen Kriegsverbrecherprozessen klar zum Vorschein kam, erbrachten die Prozesse einiger ehemaliger Faschisten (Journalisten, Intellektuelle, Gendarmerieangehörige) viele Beweise für die Fremdenfeindlichkeit, den Rassismus und Antisemitismus des Antonescu-Regimes und für das Verhalten zahlreicher Militärs und Gendarmen. In diesen Prozessen war es nicht mehr erforderlich, die Spitzen des Antonescu-Regimes auszuschalten, das war bereits vorher geschehen. Die Beweise für das Verhalten von Militär und Gendarmerie warf ein Licht auf das Ausmaß der barbarischen Verbrechen gegen die Juden sowie auf die Kaltblütigkeit der Täter.

Die rumänischen Kriegsverbrecherprozesse geben das wahre Ausmaß des Holocaust in Rumänien nur unvollständig wieder. Verglichen mit anderen Kriegsverbrecherprozessen der Nachkriegszeit, waren die Prozesse in Rumänien kurz und hart, versagten jedoch weitgehend, was die Darstellung der jüdischen Tragödie anbetrifft. Die erste Prozesswelle, welche dem Führungskader während der Kriegszeit galt, verriet eher den politischen Druck, der von den Kommunisten mit Unterstützung der Sowjetunion ausgeübt wurde. Beispielsweise wurde das Schicksal der Juden während des Krieges lediglich in der Anklageschrift gegen Antonescu erwähnt (auf ca. 12 von insgesamt 123 Seiten), was bezeichnend für den Stellenwert des Holocaust während der Prozesse war. Ungeachtet dieser Vorbehalte, müssen dennoch alle Versuche zurückgewiesen werden, die Berechtigung des Prozesses anzuzweifeln, denn hierbei geht es nur um den Versuch, Antonescu und sein Regime zu rehabilitieren und anhand des Materials Verfahrensfehler nachzuweisen und den gesamten Prozess als illegal hinzustellen. Die Nachkriegsprozesse müssen vielmehr als bedeutende Grundlage für die zukünftige Erforschung des Holocaust in Rumänien angesehen werden. Die Mehrzahl der Dokumente, die den Forschern in den vergangenen Jahren zugänglich wurden, geben in erschütternder Weise Auskunft über das Schicksal der rumänischen Juden und derjenigen, die sich unter rumänischer Hoheit befanden. Die seinerzeit den Gerichtshöfen präsentierten Beweise wurden nicht etwa in dem Bestreben vorgelegt, das Ausmaß der Tragödie zu minimalisieren oder das Geschichtsbild zu verfälschen; dennoch lenkten die Prozesse die Aufmerksamkeit von den Methoden, die das Antonescu-Regime zur Lösung der "Judenfrage" anwandte, auf die Kollektivschuld des Regimes, bei der die jüdische Tragödie keine wesentliche Rolle spielte.

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