Wiesel-Kommission ist der gebräuchliche Name für die Internationale Kommission zur Erforschung des Holocaust in Rumänien.

Solidarität und Rettung

Trotz der antisemitischen Propaganda während der Kriegszeit, erreichte es das Antonescu-Regime nicht, die rumänische Gesellschaft zu fanatisieren. Dafür aber führte diese Propaganda zu einer bestimmten Neutralisierung in der öffentlichen Wahrnehmung, einer gewissen Gleichgültigkeit der Bevölkerungsmehrheit gegenüber dem Leiden der Juden. Dem Mitgefühl und dem Protest auf der einen Seite, stand die stillschweigende Tolerierung der Massaker und sogar die aktive Beteiligung an der antisemitischen Politik gegenüber.

Dennoch beweist die Auseinandersetzung mit dem intellektuellen Leben in Rumänien in der Zwischenkriegszeit, dass Rumänien eine wahrhaft demokratische Tradition hatte. Viele Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wie zum Beispiel demokratische Intellektuelle, gleichgültig ob linksorientiert oder nicht, Schriftsteller und selbst einige Politiker widersetzten sich dem Antisemitismus der 30er Jahre. Trotz der Kompetenz und des Einflusses dieser Persönlichkeiten in dem intellektuellen Diskurs zu Beginn der 30er Jahre, verloren sie zunehmend an Bedeutung nach den Jahren 1935 und 1937. Die Abschaffung der demokratischen Presse brachte sie wirkungsvoll zum Schweigen. Zu dem Zeitpunkt, als die Juden aus den Berufsverbänden ausgeschlossen wurden und im Dezember 1937 die antisemitische Gesetzgebung der Regierung Goga verabschiedet und angewendet wurde, waren ihre Stimmen praktisch verstummt. Weiterhin gab es zahlreiche Intellektuelle, die eine antisemitische Attitüde annahmen, weil sie in den einflussreichsten Repräsentanten des rumänischen Nationalismus - der Gegenwart und Vergangenheit - Identifikationsfiguren sahen. Hinzu kam, dass die Ereignisse aus dem Jahr 1940 - der Verlust von Bessarabien und der Nordbukowina an die Sowjets und Nordtranssilvaniens an Ungarn - dazu führten, dass die Diskriminierung der Juden zu einem nachgeordneten Problem für die Intellektuellen sowie für die Medien wurde.

Die öffentliche Meinung "regte" sich erst dann, als - in Übereinstimmung mit den rumänisch-nazideutschen Vereinbarungen aus dem Sommer 1942 - die Deportationen der Juden aus dem Altreich spürbar wurden. Intellektuelle aus Bukarest protestierten persönlich gegen die Umsetzung dieses Plans. Beginnend mit dem Herbst des Jahres 1942, stieß die geplante Deportation der Juden aus dem Altreich auf den Widerstand einiger Oppositionspolitiker aus den Reihen der wichtigsten rumänischen Parteien. Vermutlich leistete auch die Rumänisch-Orthodoxe Kirche Widerstand, - hier ist insbesondere Nicolae Bălan, der Metropolit von Transsilvanien zu nennen - obwohl die Leitung der Rumänisch-Orthodoxen Kirche der Jüdischen Gemeinde von jeher feindlich gegenüberstand. Die Vertreter des Rumänischen Königshauses unternahmen ähnliche Bemühungen; die Appelle der Königinmutter Elena sind in dieser Hinsicht bemerkenswert. Beispielhaft sei hier die Kritik von Prinz Barbu Știrbei und der ehemaligen Parlamentarier der Nationalen Bauernpartei, Nicușor Graur und Ioan Hudiță, an der Rassendiskriminierung und den Deportationen erwähnt. Nachdem der Krieg seinen Höhepunkt überschritten hatte, verstärkten sich die Bemühungen bestimmter rumänischer Diplomaten, die in verschiedenen von Deutschen besetzten europäischen Staaten residierten, einige jüdischstämmige rumänische Staatsbürger zu retten.

Dokumentierte Rettungsaktionen gibt es in Bezug auf die Pogrome von Bukarest und Iași. Von überragender Bedeutung waren die Aktionen des Apothekers D. Berceanu aus Iași und von Viorica Agarici, der Präsidentin des Rumänischen Roten Kreuzes, welche die erste Hilfe für die Überlebenden aus den grauenhaften Todeszügen eingeleitet und organisiert hatte. Ebenfalls beispielhaft sind die Bemühungen von Grigore Profir, dem Verwalter einer Mühle, der während des Massakers von Iași, ungeachtet der Todesdrohungen der deutschen Soldaten und rumänischen Gendarmen, standhaft blieb und damit Dutzende Juden aus Iași rettete.

Im Unterschied zu den unter der Kontrolle der Nazis befindlichen Gebieten, wo die Massaker systematisch abliefen und die ideologische Vorbereitung der Täter eine konsequente und erbarmungslose Anwendung der Endlösung garantierte, bestand in den rumänisch kontrollierten Gebieten, insbesondere in Bessarabien und der Bukowina, ein Zustand allgemeiner Unordnung. Nicht selten konnten die örtlichen Befehlshaber freihändig zwischen Folterungen und bestialischen Morden oder Mitgefühl und Lebensrettung entscheiden. Widersprüchliche Befehle führten zu einer allgemeinen Konfusion und erhöhten den Ermessensspielraum dieser Befehlshaber, was wiederum zu völlig widersprüchlichen Konsequenzen führte. Die eigenwillige Gemütsverfassung eines sadistischen Offiziers oder seiner Unteroffiziere und Soldaten konnte katastrophale Folgen für Tausende von Juden, die sich in ihrer Gewalt befanden, nach sich ziehen; manchmal jedoch, in seltenen Fällen, konnte das aber auch die Rettung einiger Juden bedeuten, und zwar sogar durch die Lagerkommandanten selbst. Beispielsweise rettete Sabin Motora, Kommandant des Lagers Vapniarka in Transnistrien, eigenhändig zig Juden und bewies damit großen Mut und Menschlichkeit. Eine weitere Form des Protestes bestand darin, seinen Dienst zu quittieren und sich damit gegen die inhumanen Lebensbedingungen in den Lagern und die Fortsetzung der Greueltaten zu stellen. Der erste Kommandant des Lagers von Vertujeni, Oberst Alexandru Constantinescu, trat mit Hinweis auf die Lage der ihm unterstellten Häftlinge zurück.

Unter diesen Umständen ist jedoch die Anzahl der "Gerechten unter den Völkern" unter den Rumänen relativ gering. Dennoch muss festgehalten werden, dass in Rumänien, wie auch in anderen Ländern, eine weit höhere Personenzahl vorhanden war, die den von Yad Vashem festgelegten Kriterien entsprach, um als "Gerechter unter den Völkern" zu gelten. Die von Yad Vashem anerkannten Retter kamen aus allen Altersstufen und hatten einen sehr unterschiedlichen soziokulturellen Hintergrund: Bauern, Arbeiter, Apotheker, Rechtsanwälte, Professoren, Armeeoffiziere, Gendarmen und Diplomaten. Kürzlich wurde dieser Titel dem orthodoxen Priester Petre Gheorghe zuerkannt, der deportierten Juden in Transnistrien geholfen hatte. Obwohl Überlebende von den Bemühungen vieler anderer Priester berichteten, wurde über die Vergabe des Titels "Gerechter unter den Völkern" noch nicht abschließend entschieden. Die Königinmutter Elena hat mit ihrer unerschütterlichen moralischen Überzeugung stets die geplante Deportation der Juden verurteilt und daher diesen Titel erhalten.

Die Mehrzahl der Retter (28) stammten aus Nordtranssilvanien; darunter befanden sich 12 Ungarn. Die Zunahme der Rettungsbemühungen in dieser Region kann mit der Verbesserung der Situation der rumänischen Juden gegen Ende des Krieges erklärt werden, während im Gegenzug die Lage der Juden in Nordtranssilvanien immer verzweifelter wurde. Gleichzeitig mit der Wende der Politik des Antonescu-Regimes gegenüber den Juden, wurde Rumänien zum Rückzugsgebiet für jene Juden aus Nordtranssilvanien und Ungarn, denen es gelang, die Grenze nach Rumänien zu passieren.

Unter den rumänischen "Gerechten unter den Völkern" nimmt der Bürgermeister von Czernowitz, Dr. Traian Popovici (1892 - 1946) eine einzigartige Stellung ein. Popovici widersetzte sich den Anordnungen von Antonescu und lehnte es standhaft ab, die Juden von Czernowitz ins Ghetto zu verbringen und sie anschließend zu deportieren; damit rettete er Tausende Juden vor Deportation und Tod. Popovici, für den Passivität Mittäterschaft an einem ungeheuerlichen Verbrechen bedeutete, zog es vielmehr vor, aus moralischem Pflichtbewusstsein zu handeln.

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